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„Gut“ leben mit einer Depression

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„Gut“ leben mit einer Depression – mehr zu Rückfallprävention & Co

Wer unter einer Depression leidet, weiß, dass es gute Phasen geben kann – es aber auch zu Rückfällen und Rezidiven kommen kann. Das verläuft in der Regel episodisch und die Wahrscheinlichkeit, einen Rückfall zu erleiden, liegt bei etwa 50 %.1 Dieses Risiko steigt mit der Anzahl der vorausgegangenen Episoden: Nach zwei Episoden liegt das Rückfallrisiko bei 70 % und nach drei ist die Wahrscheinlichkeit bereits bei etwa 90 %.1 Umso wichtiger ist eine gute Rückfallprävention. Was kann der Erkrankung entgegengesetzt werden? Wie kann ich der Depression begegnen?

Ein Rückfall – Definition, Risikofaktoren & Frühwarnzeichen

Ein Rückfall bei Depressionen wird etwas formal als das erneute Auftreten depressiver Symptome noch in der Remissionsphase innerhalb von sechs Monaten definiert.2,3 Dabei nimmt der zeitliche Abstand zwischen zwei depressiven Episoden mit zunehmendem Alter ab.3 Zu unterscheiden ist der Rückfall von einer Wiedererkrankungen bzw. dem Rezidiv, wobei die Depressionssymptome nach der Remissions-/Genesungsphase erneut auftreten.3

Besondere Risikofaktoren für einen Rückfall sind unter anderem:3

  • Frühes Erkrankungsalter
  • Familiäre genetische Belastung
  • Zwei oder mehr depressive Episoden in den letzten fünf Jahren
  • Chronische Belastungsfaktoren (z. B. in Beruf und Familie)
  • Psychiatrische Komorbidität (z. B. Angst- oder Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörung)

 

Unabhängig von den Risikofaktoren kommt ein Rückfall nicht aus dem „Nichts“ – er kündigt sich auf ganz unterschiedliche Weise an. Folgende Frühwarnzeichen kann es geben:4

  • Körperlich:
    o    Müdigkeit & Erschöpfung
    o    Verringerte Aktivität
    o    Verspannungen & Kopfschmerzen
    o    Druck auf der Brust
    o    Schlaflosigkeit 
    o    Veränderte Ess- und Trinkgewohnheiten
     
  • Mental:
    o    Extrem über Probleme grübeln
    o    Verlangsamtes Denken
    o    Teilnahmslosigkeit
    o    Innere Unruhe 
    o    Reizbarkeit


Mit einem Notfall- oder Krisenplan können Betroffene die ersten Schritte machen, um einen Rückfall zu identifizieren bzw. dann auch Gegenmaßnahmen einzuleiten. Der Notfall- oder Krisenplan ist ein Dokument (haptisch oder online), in dem individuelle Frühwarnzeichen eingetragen werden, Strategien aufgezeigt sind, die bei einem Rückfall helfen können, und einen Ansprechpartner benennt, der im Notfall kontaktiert werden kann.4
 

Ein Rückfall – Welche weiteren Strategien helfen?

Die Prävention von Rückfällen bei Depression erfordert einen Ansatz, der sowohl medikamentöse als auch nicht medikamentöse Strategien umfasst. 

Zu den wesentlichen präventiven Maßnahmen gehören:

  1. Langfristige medikamentöse Behandlung:
  • Antidepressiva: Eine ununterbrochene Einnahme von Antidepressiva über die akute Behandlungsphase hinaus ist notwendig, um den Behandlungserfolg zu stabilisieren. Die vom behandelnden Arzt festgelegte Dosis ist entscheidend, um die Wirksamkeit der Medikamente zu gewährleisten. Die größte Wirksamkeit zeigte sich dabei, laut einer Studie, unter der Dosierung, die zu Beginn der Therapie zum Nachlassen der Symptome geführt hatte.3 Eine längerfristige Rezidivprophylaxe ist besonders angezeigt, wenn 2 bis 3 oder mehr depressive Episoden in der Vorgeschichte und bedeutsame funktionelle Einschränkungen vorliegen.2
     
  1. Psychotherapie:
  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Die KVT hat sich als wirksam in der Rückfallprävention erwiesen und gehört, neben psychoanalytisch begründeten Verfahren und systemischer Therapie, zu einer der wichtigsten Säulen in der Therapie einer Depression. So erlitten Betroffene, die in Studien mit einer KVT behandelt wurden, weniger Rückfälle als die nicht behandelte Kontrollgruppe.4 Ziel der KVT ist es, negative Denkmuster zu erkennen und zu verändern, die zu Depressionen beitragen können. Dafür können sich die Betroffenen an Psychologen, Psychiater und Psychotherapeuten wenden. Mögliche Anlaufstellen für ein Erstgespräch mit einem Psychologen können bei den Kassenärztlichen Vereinigungen oder unter der Patientenservice-Nummer 116 117 gefunden werden.5 
      
  1. Lebensstil- und Verhaltensänderungen:
  • Stressmanagement: Strategien zur Reduktion und Bewältigung von Stress können helfen, die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls zu verringern. Dazu gehören Techniken wie Meditation, Yoga und Atemübungen.
  • Regelmäßige körperliche Aktivität: Sport hat positive Effekte auf die Stimmung und kann das Rückfallrisiko senken.4
  • Gesunde Schlaf- und Essgewohnheiten: Ein stabiler Schlafrhythmus ist wichtig, um emotional ausgeglichener zu sein.4 Ebenso geregelte Mahlzeiteneinnahmen, die z. B. ballaststoffreiche Vollkornprodukte, Gemüse oder zuckerarmes Obst enthalten. Wer unter einer Depression zu emotionalem Essen neigt, kann versuchen, solche Situationen zu identifizieren und stattdessen Alternativlösungen zum Essen zu etablieren:6 Zum Beispiel den Raum zu wechseln, ein Glas Wasser zu trinken oder sich anderweitig abzulenken.
     
  1. Soziale Unterstützung:
  • Familien- und Freundesunterstützung: Ein starkes soziales Netzwerk, das in „dunklen Tagen“ eine Stütze ist, wäre natürlich optimal. Sollte dies nicht ausreichend gegeben sein, kann auf Angebote wie die Telefonseelsorge mit einer 24h-Erreichbarkeit als schnelle und unkomplizierte Hilfe zurückgegriffen werden.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen ist ebenfalls zu empfehlen.


Fazit

Die Prävention von Rückfällen bei Depressionen ist ein integraler Bestandteil der langfristigen Therapie. Durch eine Kombination von Medikamenten, Psychotherapie und Lebensstiländerungen können Patienten ihre Chancen auf eine konstante Verbesserung der Symptome erhöhen. Es ist wichtig, dass die Betroffenen eng mit allen Therapeuten zusammenarbeiten, um den besten Ansatz zur Rückfallprävention zu finden. In Anbetracht der hohen Rückfallquote ist es unerlässlich, dass sowohl die Betroffenen als auch Gesundheitsdienstleister aufmerksam bleiben und proaktiv Maßnahmen ergreifen, um die Chancen auf eine dauerhafte Genesung zu maximieren.

 

Quellen: 

1. Leuzinger-Bohleber M. Depression – eine Signatur unserer Zeit? Erkenntnisse aus der LAC-Studie. Psychotherapie-Wissenschaft. 2020; 10(2): 11-18.
2. DGPPN, BÄK, KBV, AWMF (Hrsg.) für die Leitliniengruppe Unipolare Depression. S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression – Langfassung, 2. Auflage. Version x. Jahreszahl.
3. Kempermann U et al. Rückfallprophylaxe bei Depression. Psychiatrie und Psychotherapie up2date. 2008; 2: 73-87. 
4. https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/behandlung/rueckfallprophylaxe  (letzter Aufruf: 26.06.2024).
5. https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/behandlung/psychotherapeutische-behandlung  (letzter Aufruf: 26.06.2024).
6. https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/depressiontherapie100.pdf  (letzter Aufruf: 26.06.2024).