Therapietreue bei der Behandlung von Depressionen
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Therapietreue bei der Behandlung der Depressionen: So kann es funktionieren

Therapietreue bei der Behandlung von Depressionen

Am Ball bleiben bei der Therapie: So kann es funkionieren

Vielleicht sind in einem Gespräch mit Ihrem Behandler schon die Begriffe Therapietreue, Adhärenz und Compliance gefallen. Sie werden häufig synonym verwendet, was aber so nicht ganz richtig ist. Therapietreue beschreibt, wie gut sich ein Patient an die mit dem medizinischen Personal vereinbarten Vorgaben für seine Therapie hält.  Die Therapietreue kann gesteigert werden, wenn Arzt und Patient in einem Gespräch auf Augenhöhe gemeinsame Behandlungsziele definieren. Dies umfasst der Begriff Adhärenz. Von einer „guten Compliance“ spricht man, wenn der Patient nur ärztliche Empfehlungen befolgt, bei denen Wünsche und Bedenken des Patienten bezüglich seine Therapie nicht bei den Therapieentscheidungen berücksichtigt wurden – ein veraltetes Modell mit eher negativen Auswirkungen auf die Therapietreue.1 Therapietreue ist unerlässlich, damit eine Behandlung ihre optimale Wirkung entfalten kann. Allerdings zeigen Zahlen, dass sich diese in Bezug auf Antidepressiva in den letzten 20 Jahren nicht verbessert hat. Sie liegt deutlich und konstant unter 50 Prozent.2

Woran Therapietreue oft scheitert

Die Faktoren, die dazu beitragen, dass die Therapie oft nicht „treu“ eingehalten wird, sind vielfältig. Besonders zu Anfang einer Therapie muss man den Einnahmerhythmus der Medikamente erst verinnerlichen, ihn in den Tagesablauf integrieren. Hat der Tag keine festen Strukturen, so kann die Einnahme schon mal vergessen werden. Werden dann die Medikamente zu spät, gar nicht oder nicht regelmäßig eingenommen, kann schnell der Eindruck entstehen, dass die Medikamente nicht wirken. Vielleicht überfordern auch, bei der gleichzeitigen Einnahme von mehreren Medikamenten, die Komplexität des Therapieplans oder mögliche Nebenwirkungen die Patienten. Bei den Nebenwirkungen, wie z. B. Übelkeit, ist meist ungünstig, dass sie schon kurz nach der Einnahme auftreten, während die eigentliche Wirkung noch aussteht (Wirklatenz).3,4  Auch das kann das Gefühl fördern, dass die Therapie nicht die erhoffte Wirkung zeigt; sie aber trotzdem mit Nebenwirkungen klar kommen müssen.
Die Therapietreue ist auch abhängig von der Krankheitsphase, in der sich die Betroffenen befinden: Wird die Medikamentengabe schon frühzeitig unterbrochen, so kann das mit einer negativen Einstellung zu Medikamenten und Nebenwirkungen assoziiert werden. Die Gefahr in der Erhaltungsphase besteht darin, dass, wenn es den Betroffenen besser geht, die Medikamente als nicht mehr notwendig angesehen werden könnten – vor allem dann, wenn störende Nebenwirkungen, wie sexuelle Funktionsstörungen, das Leben beeinträchtigen.

Therapietreue bei Depressionenen

Wie oben schon angerissen, bedarf es bei einigen Medikamenten, u. a. auch denen bei einer Therapie der Depression, etwas Geduld, bis sie ihre Effekte zeigen. Zur Vorbeugung bzw. Reduzierung von Nebenwirkungen kann z. B. die so genannte Aufdosierungszeit (Zeit, bis die maximale Dosierung erreicht ist) verkürzt werden, damit die positiven Effekte von Antidepressiva schneller sichtbar werden – und somit die Adhärenz gefördert wird.3 Leider können mehrere Wochen vergehen, bis die antidepressive Wirkung für den Patienten spürbar ist.3 Manchmal wirken Medikamente auch nach längerer Zeit nicht oder nicht ausreichend. Dann kann es sein, dass die Konzentration, die sich im Körper anreichert, nicht ausreichend hoch ist, um der Depression wirksam entgegenzusteuern. Mit einem so genannten therapeutischen Drug-Monitoring können solche für therapeutische Effekte zu niedrige Spiegel von Antidepressiva durch einen Arzt aufgespürt werden. Dann kann der Arzt diejenige Dosierung ermitteln, die dem Patient am besten Linderung verschafft.

Was man selbst tun kann …

Wie im vorherigen Absatz angesprochen, können auch die Dosierung von Medikamenten oder ihre Nebenwirkungen die Ursache sein, dass der Therapieerfolg ausbleibt.
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Medikament oder Ihre Medikamentierung bei Ihnen nicht mehr die bisherigen Effekte zeigt, dann

  1. sprechen Sie mit ihrem Arzt. Er wird mit Ihnen im Gespräch Möglichkeiten einer Therapieanpassung ausloten.
  2. setzen Sie keinesfalls die Medikamente ab oder ändern Sie eigenmächtig die Dosierung. Sollte dies der Fall sein, dann berichten Sie Ihrem Arzt davon. Scheuen Sie sich nicht davor! Andernfalls kann es passieren, dass der Arzt Therapieanpassungen vornimmt, die auf einer falschen Annahme – dass Sie Ihre Medikamente nehmen – beruhen. So können Folgeverordnungen von anderen Medikamenten durch den Arzt eingeleitet werden, die gar nicht nötig wären.1

Diese gemeinsamen Therapieentscheidungen stärken die Adhärenz. Eine weitere Möglichkeit, die Therapietreue zu fördern, ist die Psychoedukation.4 Hier bekommen Sie in Einzel- oder Gruppengesprächen mit einem Therapeuten wichtige Informationen, z. B. zu Therapie und Medikation, einfach erklärt. In den Gruppengesprächen haben Betroffenen zudem die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen dazu austauschen. Die Sichtweise der anderen und ihre Erfahrungen mit Therapie- und Selbsthilfemöglichkeiten können einen positiven Schub in Bezug auf die Krankheitsbewältigung bzw. Therapietreue geben.

1 https://www.aok-bv.de/presse/medienservice/ratgeber/index_21352.html (Letzter Aufruf: 06.11.2020).
2 Arzneimittelbrief 2017, 51 70.
3 https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-302016/problemloesungen-in-der-pharmakotherapie/ (Letzter Aufruf: 21.10.2020).
4 Morett M, Marti M. Pflegeinterventionen zur Förderung der Adhärenz bei Menschen mit einer Depression. Literaturübersicht. Hochschule für Gesundheit und Pflege, Freiburg. 2017.