Hochfunktionale Depression
Wenn die Stärke im Verborgenen leidet
Depression wird oft mit extremen Gefühlen von Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und dem Unvermögen, tägliche Aufgaben zu bewältigen, assoziiert. Aber was, wenn man trotz innerer Freudlosigkeit weiterhin „funktioniert“, hochproduktiv ist und seine Ziele erreicht? Oder der innere Antrieb einen dazu antreibt, nach außen hin keine Anzeichen von Schwäche zu zeigen? Dieses Phänomen wird als hochfunktionale Depression bezeichnet und ist genauso Ernst zunehmen wie andere Formen der Depression.
Häufig und dennoch unsichtbar
Die hochfunktionale Depression zählt zu den atypischen Depressionen, die sich aufgrund ihres Verlaufs oder der Symptomatik von der klassischen Depression abgrenzen. Zahlen zeigen jedoch, dass es sich bei rund 15 - 40 % aller Depressionen um eine atypische Depression handelt. Doch das Fatale ist, dass die Betroffenen lange allein mit Ihrer Erkrankung kämpfen: Menschen mit hochfunktionaler Depression sind oft Experten darin, ihre inneren Kämpfe zu verheimlichen. Sie funktionieren im Alltag, erfüllen ihre Pflichten, kümmern sich um ihre Familien und sind erfolgreich in ihrem Beruf. So bleibt ihr Leiden für Mitmenschen oft unsichtbar.
Kommt Ihnen beim Lesen des Textes vielleicht das ein oder andere bekannt vor und Sie fragen sich, ob Sie vielleicht an einer hochfunktionalen Depression leiden? Es ist leider keine Seltenheit, dass die Selbsterkenntnis, betroffen zu sein, meist Jahre dauert. Betroffene bemerken oftmals lange nicht, dass sie erkrankt sind. Freudlosigkeit und Hoffnungslosigkeit werden vielleicht auch von Ihnen als Normalzustand wahrgenommen, denn solange man funktioniert, kann man ja auch nicht krank sein. Dies sind häufige Gedankenmuster von Betroffenen. Aufgrund der schleichenden Entwicklung der Erkrankung werden Symptome, wie die innere Leere, somit mehr und mehr als schon immer dagewesen wahrgenommen. Lebenskrisen wie eine Trennung, der Verlust des Arbeitsplatzes oder das Scheitern im Studium können die eigene Selbstwahrnehmung zusätzlich erschüttern. Die Symptome und die Erkrankung können sich dann massiv verschärfen.1
Symptome und Warnzeichen der hochfunktionalen Depression:
Bessert sich Ihre Stimmung durch positive Erlebnisse? Vielleicht das Treffen mit einem Freund, ein schönes Geschenk oder wundervolle Erlebnisse? Das kann ein weiterer Hinweis auf eine hochfunktionale Depression sein und stellt eine klare Abgrenzung zur klassischen Depression dar.
Da es sich um eine atypische Erkrankung handelt, können sich die Symptome individuell sehr verschieden ausdrücken.3 Viele eine klassische Depression dominierende Symptome machen aber auch das Leben mit einer hochfunktionalen Depression zu einem täglichen inneren Kampf: eine negative Grundstimmung, Niedergeschlagenheit und Angstgefühle. Trotzdem Aufstehen, Lächeln und Funktionieren, so wird es eben gemacht, lautet häufig die eigene Überzeugung, so sind auch eine soziale Isolation und Antriebslosigkeit seltener vorzufinden.3 Besonders häufig treten auf:1,4,5
- Kritische Selbstbetrachtung: Hohe Standards und ständiges Gefühl von Nicht-Gut-Genug-Sein
- Müdigkeit: Konstante Erschöpfung trotz ausreichenden Schlafs, insbesondere auch vor oder nach sozialen Interaktionen
- Motivation durch Angst: Die Angst vor Versagen kann zu Ihrer Hauptantriebskraft werden
- Schwierigkeiten bei der Entspannung: Ständiges Gefühl, beschäftigt sein zu müssen
- Ein Gefühl innerer Leere und die Unfähigkeit, Freude zu empfinden (Anhedonie)
- Überempfindlichkeit gegenüber Zurückweisungen und leichte Reizbarkeit
- Unregelmäßiges Essverhalten
- Übermäßiger Konsum von Alkohol, Nikotin und oder anderen Substanzen
Warum bleibt sie oft unerkannt?
Unsere Gesellschaft wertet oft Produktivität und Erfolg über emotionales Wohlbefinden. Daher können Sie nach außen hin erfolgreich erscheinen und intern mit schweren emotionalen Kämpfen konfrontiert sein. Solange Ihre Leistung nicht nachlässt, muss schließlich alles in bester Ordnung sein und es Ihnen gut gehen. Schließlich muss man da eben durch, oder etwa nicht? Früher wurden psychische Erkrankungen oftmals als Schwäche oder Faulheit abgetan, deshalb neigen wir auch heute noch dazu, so etwas zu verbergen. Doch in der heutigen Zeit stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung, Ihnen zu helfen.
Umgang mit hochfunktionaler Depression:
Der wichtigste Schritt ist die Selbsterkenntnis, dass Sie trotz äußerer Erfolge innerlich leiden. In den nächsten Schritten steht die Therapie der Erkrankung im Fokus. Hierzu muss die Hilfe von erfahrenen Fachärzten in Anspruch genommen werden.4,5 Mit Medikamenten sowie einer Psychotherapie und Beratung können die zugrundeliegenden Probleme erarbeitet und angegangen werden. Doch auch Sie selbst können einiges tun. Eine Selbstfürsorge mit routinemäßigen Aktivitäten wie Meditation, Sport oder einfach Pausen können von unschätzbarem Wert sein. Auch das Gespräch über die eigenen Gefühle mit vertrauenswürdigen Freunden oder Familie kann unterstützen.4,5
Fazit
Hochfunktionale Depression ist ein stilles Leiden. Nur weil jemand produktiv und fähig erscheint, bedeutet das nicht, dass er emotional gesund ist. Es ist wichtig, die Zeichen zu erkennen, Unterstützung zu suchen und sich daran zu erinnern, dass emotionale Gesundheit genauso wichtig ist wie jede andere Form von Gesundheit. Um Hilfe zu bitten, ist keine Form der Schwäche, sondern ein mutiger Schritt hin zu einem besseren Leben. Denn es gibt viele Therapieoptionen, die Ihnen helfen können. Seien Sie mutig und machen Sie den ersten Schritt!
Holen Sie sich telefonische Hilfe!
Die Telefonseelsorge erreichen Sie unter: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222.
Quellen:
1. https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/psychologie/wie-fuehlen-sich-depressionen-an/
2. https://www.psychiater-salzburg.com/depression/
3. https://www.wienpsychiater.at/blog/hochfunktionale-depression
4. https://www.onmeda.de/krankheiten/depression/hochfunktionale-depression-id212858/
5. https://www.oberbergkliniken.de/krankheitsbilder/hochfunktionale-depression